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«Der Arbeitsvertrag des Hockeyprofis steht auf drei Säulen»

Das drei-Säulen-Prinzip eines guten Arbeitsvertrages
©Heinz H. Schneider GmbH

Im Hockey wird, das kennen wir alle, mitunter mit sehr harten Bandagen gespielt. Nicht nur auf, sondern vor allem auch neben dem Eis. Beispiele aus dem Agenten-Alltag gibt es dafür einige.

Ich nehme dieses: «Sie und ihre Berufskollegen, ihr seid nichts anderes als die Totengräber des Schweizer Eishockeys!» Mit diesem unfairen verbalen Bodycheck hatte einst ein prominenter Sportchef versucht, mich vor versammeltem Gremium aus dem Spiel respektive der Verhandlung zu nehmen. Seine Attacke stimmt mich auch heute noch nachdenklich.

Nicht etwa, weil er mich damit beleidigt hat, sondern weil sein Vorwurf zeigt, dass er als Hockeyexperte die Arbeit des Beraters nicht begriffen hat – oder sie nicht begreifen will. Denn mit seinem Pauschalurteil reduziert er dessen Job darauf, dass es ausschliesslich darum geht, die Spieler zu Millionären zu machen.

Aus eigener Erfahrung und Überzeugung weiss ich es besser: Die Beratertätigkeit ist weitaus vielseitiger und verantwortungsvoller. Erst recht, wenn es sich bei den Klienten um junge Menschen handelt, die in der Lehre sind oder sogar noch zur Schule gehen. Ein Ignorant, der meint, hier drehe es sich um das Finanzielle. Aber: Behandeln wir das Thema Junioren an anderer Stelle (z. B. Kapitel Nachwuchs auf dieser Homepage) und wenden wir uns den Berufssportlern zu.

Es ist eine Tatsache: Das Schweizer Eishockey hat sich seit Einführung des Profitums dramatisch verändert. Die Klubs haben sich – auch in arbeitsrechtlicher Hinsicht – komplett reorganisiert. Keiner ist mehr nur Verein, sondern eine Aktiengesellschaft – mit straff geführtem Management, einem Sportchef, Verwaltungsrat und Sekretariat.

First Class Service
© Thorsten Schmitt

Warum also soll ein Spieler sein sportliches Umfeld nicht ebenfalls professionell gestalten und gewisse Teilbereiche in die Hände eines Vertrauten legen? Dass auch das Aushandeln des Lohnes dazugehört, versteht sich wohl von selbst. Denn wer kennt die marktgerechten Saläre besser als der Agent?

Aber machen wir uns nichts vor: Damit ein Eishockeyprofi seine Arbeit zur Zufriedenheit aller verrichten kann und nicht schon bald wieder entlassen wird, braucht er weitaus mehr als einen guten Lohn. Entsprechende und für ihn passende Rahmenbedingungen zum Beispiel, die mehr oder weniger alle unsere NLA- und NLB-Klubs im Notenbereich zwischen «knapp genügend» bis «sehr gut» bieten.

Bei der Ausarbeitung eines neuen Vertrages stellen sich dem Sportler folgende Fragen:

  • Findet er bei seinem aktuellen oder eventuell neuen Arbeitgeber tatsächlich die Rolle vor, die er auf dem Eis interpretieren kann und will?
  • Wo sind die Chancen am grössten, dass er sich spielerisch weiter entwickelt?
  • Will und kann er auf oder neben dem Eis Verantwortung übernehmen?
  • Ist er höheren Aufgaben gewachsen oder kann es für ihn vielleicht sinnvoller sein, nochmals eine Saison in einer tieferen Liga anzuhängen und dort optimal in eine bestimmte Rolle hineinzuwachsen?

Dieser Katalog liesse sich beliebig erweitern. Zum Beispiel mit der Frage, was Familie, Ehefrau oder Freundin zur geplanten Vertragsverlängerung oder zum Transfer zu sagen haben. «Happy wife, happy life» sagen unsere kanadischen Hockey-Kollegen dazu.

Ich bin überzeugt: Kein anderer als ein Berater, der verantwortungsvoll vorausgeht und darüber hinaus «seinen» Spieler und alle Klubs bestens kennt, ist in der Lage, all das unabhängig und im Sinne des Sportlers zu beantworten. Erst recht dann, wenn er eine ehrliche Auslegeordnung mit allen Vor- und Nachteilen gemacht hat und sie transparent auf den Tisch legt.

Daraus lässt sich folgendes ableiten: Das hockeyspezifische Rollenverständnis, die Möglichkeiten zur weiteren sportlichen Entwicklung und die individuellen Vertragsbedingungen samt geldwerter Entschädigung – das sind die drei Säulen, auf denen ein guter Vertrag steht. Ist eine davon brüchig, fällt das sportliche «Gebäude» des Profis früher oder später zwangsläufig in sich zusammen. Dass der eine oder andere Athlet die Wichtigkeit und Tragfähigkeit dieser Säulen nach seinen individuellen Bedürfnissen interpretiert, ist klar. Und legitim. Denn warum soll ein Eishockeyspieler in seiner kurzen Karriere nicht das tun, was jeder Bäcker, Lehrer, Sportchef, Coach, Manager, Maurer oder Journalist ebenfalls machen darf.